9. Juli 2025
Veröffentlichungsreihe – 18 von 96 Insights
Deutschland hat sich im Rahmen des Pariser Klimaabkommens und durch das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) verpflichtet, bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen und ab 2050 negative Emissionen zu erzielen. Zur Erreichung dieser ambitionierten Ziele genügt es nicht, allein auf emissionsarme Technologien zu setzen. Vielmehr rücken zunehmend auch Verfahren zur Abscheidung von Kohlendioxid und dessen Nutzung (Carbon Capture and Utilization, CCU) bzw. dauerhaften Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) in den Fokus – Technologien, die insbesondere für emissionsintensive Industriebranchen (wie z.B. die Zementindustrie sowie die Öl- und Gasproduktion) von strategischer Bedeutung sind.
Nach Einschätzung von DNV Energy Systems dürfte sich das Volumen abgeschiedenen und gespeicherten CO₂ bis 2030 im Vergleich zum heutigen Stand von 41 Mio. Tonnen CO₂ auf ca. 210 Mio. CO₂ verfünffachen. Gleichzeitig wird ein Rückgang der Kosten für die Abscheidung und Speicherung prognostiziert, z.B. für die Zementindustrie von derzeit rund 200 US-Dollar pro Tonne auf etwa 150 US-Dollar pro Tonne bis 2040. Als größte Herausforderung für das ramp-up gilt aber nach wie vor die bestehende politische Unsicherheit.
Mit dem nun vorgelegten Referentenentwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpG) konkretisiert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die bereits im Koalitionsvertrag angekündigten Pläne, einen neuen Gesetzgebungsvorschlag zu unterbreiten, das überragende öffentliche Interesse am Bau von CCS und CCU Anlagen festzustellen und eine Länderöffnungsklausel einzuführen (vgl. dazu unser Insight vom 17. April 2025).
Der Entwurf schafft die Grundlage für eine rechtssichere und praktikable Planung und Umsetzung von kommerziellen CCS- und CCU-Projekten in Deutschland.
Mit dem Entwurf konkretisiert die Bundesregierung die angekündigte Neuausrichtung des KSpG. Ziel ist es, die dauerhafte Speicherung und den Transport von Kohlendioxid (CO₂) erstmals auch im kommerziellen Maßstab rechtlich zu ermöglichen und die regulatorischen Voraussetzungen für CCS- sowie CCU-Projekte damit zu verbessern.
Ein zentrales Element des Entwurfs ist die Öffnung des bisherigen Rechtsrahmens für den kommerziellen Einsatz von CCS-Technologien. Während das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz bislang ausschließlich Forschung, Erprobung und Demonstrationsvorhaben zuließ, schafft der neue Entwurf die Möglichkeit, Speicherprojekte künftig auch im industriellen Maßstab zu genehmigen. Der zulässige Anwendungsbereich bleibt dabei geografisch begrenzt: Kommerzielle CO₂-Speicherung soll vorrangig im Gebiet des Festlandsockels und der ausschließlichen Wirtschaftszone erfolgen. Damit wird ein erster rechtlicher Rahmen geschaffen, um CCS als dauerhafte Klimaschutztechnologie in die industrielle Praxis zu überführen.
Die kommerzielle Speicherung von Kohlendioxid an Land bleibt auch nach dem neuen Entwurf bundesrechtlich grundsätzlich unzulässig. Allerdings eröffnet der Bundesgesetzgeber den Ländern die Möglichkeit, abweichend hiervon eigene Regelungen zu treffen. Über eine sogenannte Opt-in-Klausel können Bundesländer die dauerhafte CO₂-Speicherung auf ihrem Hoheitsgebiet zulassen – entweder flächendeckend oder begrenzt auf bestimmte Regionen. Voraussetzung ist, dass alle betroffenen Länder im Fall grenzüberschreitender Speicherkomplexe zustimmen bzw. entsprechende Staatsverträge abschließen. Mit dieser Lösung wird dem föderalen Planungsspielraum Rechnung getragen, ohne die bundesweit einheitliche Linie grundsätzlich aufzugeben. Sie dürfte Projekten an Land im Ergebnis im Hinblick auf örtlichen Widerstand und der Beteiligung aller betroffenen Länder aber wenig zum Durchbruch verhelfen.
Besondere Bedeutung kommt der gesetzlich verankerten Feststellung zu, dass Errichtung, Betrieb und wesentliche Änderungen von Kohlendioxidleitungen im überragenden öffentlichen Interesse liegen. Diese Wertung erleichtert nicht nur die Abwägung innerhalb von Planfeststellungsverfahren zugunsten von CCS- und CCU-Infrastruktur, sondern schafft auch eine tragfähige Grundlage für mögliche Enteignungen. Zudem wird ausdrücklich klargestellt, dass CO₂-Leitungen dem verfassungsrechtlich geschützten Ziel des Klimaschutzes dienen und damit in der planerischen wie auch gerichtlichen Bewertung besonders zu berücksichtigen sind.
Da die schwerpunktmäßige Errichtung von CCS-Vorhaben im Offshore Bereich im Konflikt mit der Offshore Windenergie führen kann, führt der Entwurf eine wichtige Schutzvorschrift ein, die sicherstellen soll, dass CCS-Vorhaben nicht in Konflikt mit dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Wasserstoffwirtschaft geraten. Konkret dürfen CO₂-Speicher nur genehmigt werden, wenn deren Errichtung und Betrieb keine wesentlichen Beeinträchtigungen für Offshore-Windenergieanlagen, Anbindungsleitungen oder andere Anlagen zur Erzeugung bzw. zum Transport von Wasserstoff zur Folge haben. Damit wird dem gesetzgeberischen Grundsatz Rechnung getragen, dass Projekte zur Erreichung der Klimaziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes – insbesondere Windkraft auf See und Wasserstoff – vorrangig zu berücksichtigen sind. Die Vorschrift verweist zudem auf § 1 Abs. 3 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, wonach auch diesen Anlagen ein überragendes öffentliches Interesse zukommt. Entsprechend ist vor einer Entscheidung das Einvernehmen mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie einzuholen. Antragsteller haben jedoch die Möglichkeit, potenzielle Beeinträchtigungen durch geeignete Maßnahmen auszuräumen, während rein untergeordnete Auswirkungen – wie etwa koordinativer Abstimmungsbedarf oder Monitoring-Schifffahrt – unberücksichtigt bleiben.
Ein wesentlicher Regelungsgegenstand des Entwurfs ist die rechtliche Absicherung des Aufbaus einer nationalen CO₂-Transportinfrastruktur. Hierzu wird ein eigenes Planfeststellungsverfahren für Kohlendioxidleitungen eingeführt, das sowohl reine CCS-Leitungen als auch gemischt genutzte Leitungen zu CCU-Zwecken umfasst. Ziel ist es, bestehende rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen und einheitliche, beschleunigte Verfahren zu ermöglichen. Zudem wird der neue Begriff des „Kohlendioxid-Leitungsnetzes“ gesetzlich definiert; er verweist auf eine diskriminierungsfreie Ausgestaltung des Netzzugangs und der vertraglichen Rahmenbedingungen – in Anlehnung an Regelungen des Energiewirtschaftsrechts. Die ausdrückliche Einstufung solcher Leitungsprojekte als Vorhaben im überragenden öffentlichen Interesse schafft zudem eine tragfähige Grundlage für Abwägungsentscheidungen sowie für mögliche Enteignungsverfahren.
Der Referentenentwurf markiert einen entscheidenden ersten Schritt hin zu einem verlässlichen Rechtsrahmen für CCS- und CCU-Technologien in Deutschland. Ob und in welcher Form der Entwurf das Bundeskabinett und anschließend den Bundestag passiert, bleibt abzuwarten. Ob CCS- und CCU-Technologien in Deutschland im großen Umfang tatsächlich den Durchbruch schaffen, bleibt abzuwarten. An Land bestehen aufgrund der Opt-in-Regelung sowie der damit verbundenen politischen und planerischen Komplexitäten Zweifel an einer breiten Umsetzung. Im Offshore-Bereich stellt sich zudem die Frage, wie CO₂-Speicherung und der massive Ausbau der Offshore-Windenergie im Einzelfall miteinander vereinbar sind – insbesondere vor dem Hintergrund begrenzt verfügbarer Flächen.
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