26. September 2025
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In der heutigen Zeit lassen sich in nahezu sämtlichen Arbeitsvertragsmustern Regelungen zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze des Arbeitnehmers finden. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um eine in der Person des Arbeitnehmers begründete Befristung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 3, 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG. Die an das Alter des Arbeitnehmers anknüpfende Regelung steht allerdings in regelmäßigen Abständen hinsichtlich der Frage, ob es sich hierbei um eine Altersdiskriminierung handelt, auf dem Prüfstand.
Nach der zuletzt ergangenen wegweisenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2008 (BAG, Urteil vom 18.06.2008 - 7 AZR 116/07) hatte das Bundesarbeitsgericht nun in seiner Entscheidung vom 31. Juli 2025 (6 AZR 18/25) zu entscheiden, ob auf Regelaltersgrenzenbefristungen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 TzBfG Anwendung findet.
Hintergrund der Entscheidung war eine beim beklagten Land auf Basis des Tarifvertrags für die Länger (TV-L) beschäftigte Arbeitnehmerin einer Observationsgruppe des Nachrichtendienstes, die aus Arbeitnehmern und Beamten zusammengesetzt war. Die Beamten erhielten eine Erschwerniszulage gemäß §§ 22 Abs. 1 EZulV, die Arbeitnehmerin hingegen nicht. Sie berief sich darauf, dass eine gemäß TV-L geregelte Regelaltersgrenzenbefristung altersdiskriminierend sei und ihr aus diesem Grund im Verhältnis zu den unbefristet beschäftigten Beamten die gleiche Erschwerniszulage zustünde.
Dem hat das BAG eine klare Absage erteilt.
Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG darf ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung des Arbeitsvertrags nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Befristet beschäftigte Arbeitnehmer haben in der Regel im Vergleich zu unbefristet Beschäftigten ein erhöhtes Schutzbedürfnis. Grund dafür ist, dass befristet Beschäftigte eine besonders schwache Verhandlungsposition haben und deshalb für arbeitgeberseitige Vorgaben hinsichtlich der Arbeitsbedingungen besonders anfällig sind, was durch den Diskriminierungsschutz verhindert werden solle (vgl. BAG Urteil vom 20. Februar 2025 – 6 AZR 108/24). Eines solchen Schutzes bedarf ein Arbeitnehmer mit einem auf das Erreichen der Altersgrenze für den Bezug einer Regelaltersrente befristeten Arbeitsvertrag nicht.
Verträge mit Regelaltersbefristungen werden häufig als „auf unbestimmte Zeit geschlossen“ bezeichnet, ohne dass damit die Altersgrenze abbedungen wäre (vgl. BAG 19. Oktober 2011 – 7 AZR 253/07). Sie gleichen daher einem normalen, unbefristeten Arbeitsvertrag. Derartige Arbeitsverhältnisse bestehen ggf. über mehrere Jahre und führen ungeachtet der formal vorliegenden Befristung der Sache nach zu einem Arbeitsverhältnis. Weiterer Grund ist, dass ein Arbeitnehmer, der die Altersgrenze für den Bezug einer Regelaltersrente erreicht hat, am Ende seiner beruflichen Laufbahn angekommen ist.
Im Vergleich zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2008, die sich hinsichtlich Tenors und Entscheidungsgründen stark auf tarifvertragliche Regelaltersgrenzenbefristungen bezog, führt das BAG in seiner aktuellen Entscheidung von tarifvertraglichen Regelungen losgelöste Argumente ins Feld, obwohl es auch vorliegend um eine tarifvertragliche Regelaltersgrenzenbefristung ging. Aus diesem Grund spricht die allgemein gehaltene Argumentation bzgl. § 4 TzBfG dafür, dass diese Rechtsprechung auch auf einzelvertragliche Regelaltersgrenzenbefristungen Anwendung findet.
Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sich Arbeitnehmer weiterhin nicht auf Altersdiskriminierungen aufgrund einer Regelaltersgrenzenbefristung und daraus resultierende Gewährung von zusätzlichen Vergütungsbestandteilen berufen können.
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