Co-Autor: Sebastian Sievers
Am 17. Oktober 2025 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1203 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt veröffentlicht. Ziel der Richtlinie ist es, wirksame und einheitliche Strafvorschriften für Umweltverstöße in allen EU-Mitgliedstaaten zu schaffen und Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Umweltkriminalität zu etablieren.
Die Richtlinie muss bis zum 21. Mai 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden. Der Entwurf sieht dabei umfangreiche Anpassungen im Strafgesetzbuch, Nebenstrafrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht vor und verschärft die Haftung von Unternehmen und Leitungsorganen deutlich.
Wesentliche Inhalte des Referentenentwurfs
1. Neuer Straftatbestand: unerlaubte Ausführung umweltgefährdender Vorhaben (§ 327a StGB)
- Ein Projekt, das einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterliegt und unerlaubt durchgeführt wird, fällt künftig unter das Strafrecht.
- Maßgeblich ist die Eignung der Handlung, erhebliche Schäden an einem Ökosystem zu verursachen.
2. Umweltbezogene Produkthaftung
- Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für das Inverkehrbringen umweltschädlicher Produkte wird deutlich erweitert.
- Verstöße gegen Luftemissionsvorgaben, auch im Verkehrssektor, werden künftig als Straftaten geahndet. Bestehende Ausnahmeregelungen für Fahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge entfallen.
3. Ökosysteme & Imissionen
- Ökosysteme werden explizit als geschützte Umweltmedien in § 330d StGB aufgenommen.
- Die Immissionen von Energie und sonstigen umweltrelevanten Einwirkungen, u.a. Erschütterungen, thermische Energie oder nichtionisierende Strahlung, können künftig strafbar sein, wenn sie gegen umweltrechtliche Vorschriften verstoßen.
4. Bußgelder bei Straftaten
- Bei vorsätzlich begangenen Straftaten beträgt die Obergrenze künftig 40 Mio. EUR.
- Bei fahrlässig begangenen Straftaten beträgt die Obergrenze 20 Mio. EUR.
5. Ökozid & katastrophale Umweltfolgen
- Besonders schwerwiegende Umweltverstöße, die als Ökozid eingestuft werden, sind künftig als Verbrechenstatbestand ausgestaltet und sollen mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe sanktioniert werden.
- Das vorsätzliche Herbeiführen katastrophaler Umweltfolgen soll ebenfalls als Verbrechen eingestuft werden. Hier drohen sogar Freiheitsstrafen von einem bis zu 10 Jahren.
6. Strafbarkeit trotz behördlicher Genehmigung
- Verstöße gegen das Umweltrecht können strafbar sein, auch wenn eine Genehmigung vorliegt, sofern die Handlung offensichtlich gegen materielles Umweltrecht verstößt.
- Unternehmen müssen daher Projekte und Prozesse kontinuierlich prüfen, um Strafbarkeitsrisiken für Leitungsorgane zu minimieren.
7. Weitere nebenstrafrechtliche Aspekte
- Das Nebenstrafrecht wird u. a. im Bundesnaturschutzgesetz, Bundesjagdgesetz, Abfallverbringungsgesetz, Pflanzenschutzgesetz und Chemikaliengesetz angepasst.
- Versuch, Beihilfe und Qualifikationstatbestände werden auf die neuen Umweltstraftaten angewendet, um die Haftung von Unternehmen und Leitungsorganen klar zu regeln.
Verbindung zur EU-Entwaldungsverordnung (EUDR)
Für Unternehmen, die unter die EUDR fallen, ist entscheidend: Laut Referentenentwurf bleibt die Strafbewehrung von EUDR-Verstößen einem gesonderten Umsetzungsverfahren vorbehalten. Verstöße werden nach derzeitigem Stand in Deutschland nur als Ordnungswidrigkeiten behandelt. Unternehmen sollten dennoch frühzeitig Vorbereitungen treffen, um Organisationsverschulden zu vermeiden, insbesondere im Hinblick auf Kontrollen durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
Fazit
Der Referentenentwurf bringt deutliche Verschärfungen im Umweltstrafrecht. Unternehmen sollten jetzt Compliance-Strukturen überprüfen, Genehmigungsprozesse kontrollieren und Leitungsorgane schulen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Besonders relevant sind umweltgefährdende Projekte, Imissionen und die Produktkonformität.
Sprechen Sie uns gerne bei Beratungsbedarf an. Eine frühzeitige Vorbereitung hilft, Bußgelder zu vermeiden und Strafbarkeitsrisiken zu minimieren!