Die Klimakrise stellt die Menschheit vor enorme Herausforderungen. Sie erfordert nicht nur Innovation, sondern auch die Fähigkeit, nachhaltig umzudenken. Immer mehr Unternehmen nehmen diese Herausforderung an und leisten schon heute tatkräftige Beiträge für eine „grünere“ Zukunft. Auch Verbraucher legen zunehmend Wert auf umweltgerechte Produkte und nachhaltige Marken. Häufig machen die Konsumenten ihre Kaufentscheidung gerade davon abhängig, dass ein Produkt oder eine Marke „umweltfreundlich“ ist.
Die Information über Nachhaltigkeit von Produkten und Unternehmen, also das „Green Advertising“, ist ein wichtiger Teil der ESG-Aktivitäten sowie des CSR-Marketings eines jeden Unternehmens. Hierzu gehört auch die Schaffung von „Green Brands“ („grüne Marken"), die eine immer wichtigere Rolle in der Markenstrategie spielen.
Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsaspekte stehen zunehmend auch im rechtlichen Fokus. Schon 2021 hatte die Europäische Kommission in einer EU-weiten Untersuchung festgestellt, dass Werbeangaben zu Nachhaltigkeit oft intransparent und irreführend sind. Die Untersuchung ergab, dass in mehr als der Hälfte der Fälle den Verbrauchern keine ausreichenden Informationen zur Verfügung gestellt wurden, um die Richtigkeit der Umweltclaims (Green Marketing) beurteilen zu können. Diese Praxis hat dazu geführt, dass die Werbung mit irreführenden Umweltclaims - häufig auch als „Greenwashing“ oder „ökologische Schönfärberei“ bezeichnet - immer häufiger Gegenstand von rechtlichen Auseinandersetzungen und Gerichtsverfahren ist. Auch mahnen Verbraucherverbände Unternehmen immer häufiger wegen „Greenwashings“ ab. Dabei steht insbesondere die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ im Fokus, die Gegenstand vieler Verfahren, meist angestrengt von Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden, waren und sind. Im Juni 2024 hat der BGH in einer (ersten) Grundsatzentscheidung hohe Maßstäbe für die Werbung mit dem Wort „klimaneutral“ festgelegt (siehe dazu unsere Analyse der Entscheidung hier). Werbende Unternehmen haben nun zumindest im Hinblick auf diesen Claim eine gewisse Orientierung erhalten. Dennoch bleiben viele Streitfragen weiterhin offen.
Die Brisanz dieses Themas wird in den kommenden Jahren nochmals deutlich zunehmen. So gibt es auf EU-Ebene derzeit mehrere Gesetzgebungsvorhaben: Ende März 2022 hat die Europäische Kommission ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Erreichung der Ziele ihres „Green Deals“ – bis 2050 erster klimaneutraler Kontinent werden - vorgelegt. Mit gleich zwei neuen EU-Richtlinien sollen europaweit strenge, einheitliche Standards zu Informationspflichten und zur Belegbarkeit umweltbezogener Werbung geschaffen werden:
Die sog. EmpCo-Richtlinie (“Directive as regards empowering consumers for the green transition through better protection against unfair practices and better information“), auf dessen Text sich Rat und EU-Parlament im September 2023 geeinigt haben, ist am 17. Januar 2024 vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit angenommen worden. Die Richtlinie EU 2024/825 wurde am 6. März 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht, sie ist am 26. März 2024 in Kraft getreten. Damit muss die Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten bis 27. März 2026 erfolgen. Allgemeine Umweltaussagen sowie Nachhaltigkeitssiegel sind danach nur noch unter strengen Voraussetzungen zulässig und auch die produktbezogene Werbung mit CO2-Kompensation ist faktisch unmöglich geworden (siehe dazu näher hier). Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat am 9. Dezember einen ersten Diskussionsentwurf für die Umsetzung der EmpCo-Richtlinie in deutsches Recht vorgelegt (siehe dazu ausführlich hier). Am 7. Juli 2025 wurde der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hierzu veröffentlich, womit das Gesetzgebungsverfahren seinen weiteren Lauf nahm. Seit dem 3. September 2025 liegt nun der Gesetzesentwurf der Bundesregierung hierzu vor. Aufgrund der engen Zeitschiene wird sich auch schon bald der Deutsche Bundestag damit verfassen, schließlich muss das Gesetz bis zum 31. März 2026 auch in Deutschland umgesetzt sein. Ab dem 27. September 2026 beanspruchen die neuen Regelungen dann auch in Deutschland Geltung. Bis dahin müssen Unternehmen, die mit Nachhaltigkeitsaspekten werben, ihre Umweltaussagen angepasst haben, um EmpCo-compliant zu sein. Übergangsregelung sind nicht vorgesehen.
Die Green Claims-Richtlinie („Directive on substantiation and communication of explicit environmental claims”), deren Entwurf die Kommission am 22. März 2023 offiziell vorgestellt hat, wird demgegenüber insbesondere ausdrückliche Umweltaussagen wie z.B. „klimaneutrales Produkt“ betreffen und nicht nur umfangreiche Nachweise bzw. Belege für solche Aussagen fordern, sondern den Unternehmen sogar eine zeit- und kostenaufwändige Vorab-Zertifizierung durch eine unabhängige Prüfstelle zwingend auferlegen (zur Green Claims-Richtlinie siehe unsere Übersicht hier). Wann diese vom EU-Parlament beschlossen wird, ist derzeit noch offen. Die erste Lesung im Parlament fand am 12. März 2024 statt, die zu zahlreichen Änderungen im Text des Kommissionsentwurfs führte (siehe hier). Derzeit befindet sich der Entwurf in den Trilog-Verhandlungen. Insbesondere die vorgesehene Vorab-Zertifizierung wird von Unternehmen und Verbänden heftig diskutiert und auch Juristenvereinigungen laufen Sturm (siehe dazu z.B. den „Zwischenruf des Fachausschusses für Wettbewerbs- und Markenrecht der GRUR zum Entwurf einer Richtlinie über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen und die diesbezügliche Kommunikation (Richtlinie über Umweltaussagen)“). Inwieweit dies zu einer Änderung des Entwurfs führen wird, wird sich zeigen. Am 20. Juni 2025 hat die Kommission völlig überraschend mitgeteilt, den Entwurf komplett zurückzuziehen und die Green Claims-Richtlinie nicht weiter zu verfolgen. Dies stieß auf heftige Kritik, schließlich standen die Trilog-Verhandlung kurz vor dem Abschluss. In den darauffolgenden Tagen relativierte die Kommission diesen vermeintlichen Rückzug. Aktuell ist aber völlig offen, wie es mit dieser Richtlinie weitergeht.
Werbung mit Nachhaltigkeits- und Umweltaspekten sollte daher schon heute unbedingt vorab rechtlich genau geprüft werden. Schnell können auch ökologisch verantwortungsbewusst handelnde Unternehmen in der Öffentlichkeit als „Greenwasher“ gebrandmarkt werden, weil die Kommunikation über das Umweltengagement möglicherweise nicht den strengen Vorgaben der Rechtsprechung entsprach. Einen solchen Imageschaden können Sie vermeiden. Wer Gutes tut, soll schließlich auch darüber reden dürfen. Wir stehen Ihnen mit unserer besonderen Expertise in Umwelt- und Nachhaltigkeitswerbung zur Seite.
Unser Beratungsportfolio zu Green Claims & Green Brands
In unserem „Green Claims Enforcement Tracker“ finden Sie – laufend aktualisiert – Entscheidungen deutscher Gerichte zur Werbung mit Umweltclaims. Durch Klicken auf die Entscheidung erfahren Sie weitere Details: Zu jeder Entscheidung haben wir für Sie die Kernaussage sowie den Hintergrund herausgearbeitet und eine Bewertung nach dem Ampelsystem eingefügt. Sie finden die jeweils jüngste Entscheidung ganz oben, die älteste – BGH „Aus Altpapier“ von 1988 – am Ende der Liste.
Hier finden Sie die jeweils fünf aktuellsten Urteile, durch Klick auf den grünen Button gelangen Sie zur gesamten Liste.
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Claim:
"Bis zum Jahr 2050 werden wir klimaneutral sein: adidas verpflichtet sich zu einer Reihe ehrgeiziger Ziele, die den Weg zu Klimaneutralität entlang unserer gesamten Wertschöpfungskette 2050 ebnen werden.“
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Gericht |
Kernaussage |
Hintergrund und Ausführungen |
Bewertung |
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LG Nürnberg-Fürth |
Irreführung:
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Gericht |
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Hintergrund und Ausführungen |
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OLG Köln |
Irreführung:
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das die Autofahrer unterstützt, ihre Emissionen zu reduzieren
CO2-neutrales Autofahren, da Ausgleich durch Zahlung eines Aufpreises pro Liter Benzin/Diesel durch den Autofahrer
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Gericht |
Kernaussage |
Hintergrund und Ausführungen |
Bewertung |
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LG Hamburg |
Irreführung:
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Gericht |
Kernaussage |
Hintergrund und Ausführungen |
Bewertung |
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LG Hamburg |
Irreführung:
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Gericht |
Kernaussage |
Hintergrund und Ausführungen |
Bewertung |
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BGH |
Irreführung:
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