29. Oktober 2025
Seit 2023 hat die Diskussion um das Fremdbesitzverbot im Berufsrecht der rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe erheblich an Bedeutung gewonnen. Hintergrund sind zum einen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus Dezember 2024 betreffend die europarechtliche Zulässigkeit des deutschen Fremdbesitzverbotes bei Rechtsanwälten und zum anderen die zahlreichen Interessenbekundungen von Private-Equity-Investoren an Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften. Bekannte Beispiele hierfür sind die Beteiligung von EQT als Ankerinvestor bei WTS oder die „strategische Partnerschaft“ von Cinven mit dem deutschen Wirtschaftsprüfer Grant Thornton.
Dies führt zwangsläufig zu der Frage, in welchen Konstellationen das Fremdbesitzverbot bei einer Beteiligung von Finanzinvestoren Anwendung findet und welche rechtlichen Gestaltungsoptionen bestehen, um die damit verbundenen berufsrechtlichen Spannungsfelder zu überbrücken.
Hierzu im Folgenden ein kurzer Überblick:
Das Fremdbesitzverbot gehört zu den zentralen Strukturprinzipien des Berufsrechts der rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe. Es bezweckt, die berufliche Unabhängigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Verschwiegenheit der Berufsangehörigen, die sich zur Ausübung ihres „freien Berufes“ einer Berufsausübungsgesellschaft zusammenschließen, zu sichern, indem es Beteiligungen berufsfremder Personen an Berufsgesellschaften ausschließt oder stark einschränkt. Trotz der gemeinsamen Zielrichtung differieren die gesetzlichen Regelungen in den jeweiligen Berufsordnungen zum Teil erheblich.
An einer nach der Wirtschaftsprüfungsordnung (WPO) anerkannten Berufsausübungsgesellschaft – Wirtschaftsprüfungsgesellschaft – können nach den Vorschriften der WPO nur beteiligt sein: Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, EU- oder EWR Abschlussprüfer und vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, Personen mit denen die gemeinsame Berufsausübung nach den Regelungen der WPO zulässig sind, oder die Personen sind, deren Tätigkeit als Vorstandsmitglied, Geschäftsführer, Partner oder persönlich haftender Gesellschafter nach der WPO genehmigt worden sind, und wenn mindestens die Hälfte dieser Personen in der Berufsausübungsgesellschaft tätig sind. Bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Form einer Kapitalgesellschaft muss die Mehrheit der Anteile sowie die Stimmrechte von Wirtschaftsprüfern oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, EU- oder EWR-Abschlussprüfern oder EU- oder EWR-Abschlussprüfungsgesellschaften oder dort zugelassenen Prüfungsgesellschaften gehalten werden. Bei Kommanditgesellschaft muss die Mehrheit der Kommanditeinlagen von zuvor bezeichnetem Gesellschafterkreis gehalten werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass bei Kapitalgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien diejenigen Personen, die nicht in der Gesellschaft tätig sind, weniger als ein Viertel der Anteile oder eingetragenen Kommanditeinlage halten dürfen. Zuletzt gilt zu beachten, dass Anteile an Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nicht für Rechnung eines Dritten gehalten werden dürfen, eine schuldrechtliche Beteiligung am Gewinn ist allerdings gesetzlich nicht ausdrücklich ausgeschlossen.
Seit der Berufsrechtsreform 2022 können an einer nach dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) anerkannten Berufsausübungsgesellschaft – Steuerberatungsgesellschaft – nur beteiligt sein: Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer oder Patentanwaltskammer sowie Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer daneben aber auch anerkannte Berufsausübungsgesellschaften nach dem StBerG oder der BRAO, anerkannte Wirtschaftsprüfungsgesellschafen und anerkannte Buchprüfungsgesellschaften. Daneben besteht unter gewissen Voraussetzungen auch die Beteiligung von entsprechenden Berufsgruppen anderer Staaten. Eine der WPO vergleichbare Regelung, wonach die Mehrheit der Geschäftsanteile oder Stimmrechte von Steuerberatern gehalten werden muss, enthält das Steuerberatungsgesetz für die reine Berufsausübungsgesellschaft nicht, jedoch gilt zu beachten, dass die Bezeichnung „Steuerberatungsgesellschaft“ von der Berufsausübungsgesellschaft nur dann geführt werden darf, wenn Steuerberater oder eine Steuerberatungsgesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte innehaben und die Mehrheit der Mitglieder des Geschäftsführungsorgans Steuerberater sind, wodurch mittelbar eine Art Mehrheitserfordernis geschaffen wird. Die Anteile an Steuerberatungsgesellschaften dürfen nicht auf Rechnung Dritter gehalten werden und Dritte dürfen auch nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt werden.
Auch für Rechtsanwaltsgesellschaften ist die Kapital- und Beteiligungsstruktur seit der Berufsrechtsreform von 2022 neu geregelt worden. Demnach können neben Rechtsanwälten nunmehr auch Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Mitglieder der Patentanwaltskammer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Angehörige von Rechtsanwaltsberufen aus anderen Staaten, die nach dem Gesetz über die Tätigkeit der europäischer Rechtsanwälte in Deutschland oder nach der BRAO berechtigt wären, sich in der Bundesrepublik Deutschland niederzulassen, Angehörige von Patentanwaltsberufen aus anderen Staaten, die nach dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtanwälte in Deutschland oder der Patentanwaltsordnung berechtigt wären, sich in der Bundesrepublik niederzulassen, und Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern anderer Staaten, die nach dem StBerG oder der WPO ihren Beruf mit Angehörigen der jeweiligen Berufsgruppe in Deutschland ausüben dürfen, sowie zugelassene Berufsausübungsgesellschaften Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft sein. Diese Berufsausübungsgesellschaften müssen allerdings ihrerseits in der Person der Gesellschafter oder der Mitglieder der Geschäftsführung die Anforderungen der BRAO erfüllen. Etwaige Mehrheitserfordernisse betreffend Geschäftsanteile oder Stimmrechte, wie sie in der WPO bestehen, sind durch die Berufsrechtsreform für die reine Berufsausübungsgesellschaft entfallen, jedoch gilt zu beachten, dass die Bezeichnung „Rechtsanwaltsgesellschaft“ von der Berufsausübungsgesellschaft nur dann geführt werden darf, wenn Rechtsanwälte oder eine Rechtsanwaltsgesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte innehaben und die Mehrheit der Mitglieder des Geschäftsführungsorgans Rechtsanwälte sind, wodurch mittelbar eine Art Mehrheitserfordernis geschaffen wird. Die Anteile an Rechtsanwaltsgesellschaften dürfen nicht auf Rechnung Dritter gehalten werden und Dritte dürfen auch nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt werden.
Die verschiedenen Regelungen zum Fremdbesitzverbot lassen Gestaltungsmöglichkeiten zu, nach denen eine Beteiligung von Finanzinvestoren möglich ist, wie z.B.