Das LAG München stellt klar, dass der Sonderkündigungsschutz für Vorfeld-Initiatoren einer Betriebsratswahl erst nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit greift – in der Probezeit besteht also noch kein besonderer Schutz.
Urteil des LAG München (20. August 2025, Az. 10 SLa 2/25)
Das Landesarbeitsgericht München hat klargestellt: Der Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3b KSchG für sogenannte Vorfeld-Initiatoren einer Betriebsratswahl greift nicht während der sechsmonatigen Wartezeit nach Beginn eines Arbeitsverhältnisses.
Im konkreten Fall hatte der Kläger kurz nach Arbeitsantritt notariell seine Absicht erklärt, einen Betriebsrat zu gründen. Nach dem Gesetz steht Initiatoren solcher Betriebsratsgründungen grundsätzlich ein besonderer Kündigungsschutz zu, vgl. § 15 Abs. 3b KSchG. Das Gericht stellte jedoch klar: Dieser Schutz gilt erst, wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar wird – also nach sechs Monaten Beschäftigungszeit (§ 1 Abs. 1 KSchG).
Überblick: Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG
Das Betriebsverfassungsrecht schützt Arbeitnehmer, die sich im Zusammenhang mit Betriebsratswahlen engagieren, besonders vor Kündigungen. Die wichtigsten Schutzbereiche:
- § 15 Abs. 1, 2 KSchG – Wahlvorstand, Wahlbewerber und Betriebsratsmitglieder
- Schutz ab Bestellung des Wahlvorstands bis zur Bekanntgabe der Wahlergebnisse
- Schutz für Wahlbewerber ab Aufstellung des Wahlvorschlags bis zur Bekanntgabe der Wahlergebnisse, plus sechs Monate Nachwirkung
- Schutz für Betriebsratsmitglieder während der Amtszeit sowie zwölf Monate danach
- § 15 Abs. 3a KSchG – Initiatoren der Wahlversammlung
- Geschützt sind die ersten drei (bei Antrag) bzw. sechs (bei Einladung) Arbeitnehmer
- Schutzzeitraum: Ab Antragstellung bzw. Einladung bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses
- Kommt keine Wahl zustande: Kündigungsschutz für drei Monate
- § 15 Abs. 3b KSchG – Vorfeld-Initiatoren
- Schutz bei vorbereitenden Handlungen und notarieller Erklärung der Absicht zur Betriebsratsgründung
- Geltung ab Erklärung bis zur Einladung zur Wahlversammlung, maximal drei Monate
Handlungstipps für Arbeitgeber und Fazit
- Keine Behinderung von Betriebsratswahlen: Das Urteil des LAG München ist begrüßenswert, um das Geschäftsmodell etwaiger „Betriebsratsgründungs-Hopper“ zu erschweren. Gemeint sind damit Arbeitnehmer, die – sobald sie merken, dass eine Probezeitkündigung droht oder anlasslos direkt zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses – eine Wahlinitiative gründet, um nach der Kündigung eine ansehnliche Abfindung einzuheimsen.
- Dennoch darf auch in der Probezeit die Kündigung nicht auf der Gründungsinitiative beruhen. Die Regelung des § 20 BetrVG ist eindeutig. Nach dem Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit sind Arbeitnehmer umfassend geschützt.
- § 15 Abs. 3b KSchG bietet einen erweiterten Schutz für Arbeitnehmer, die bereits vor der Wahlvorbereitung aktiv werden.
- Das LAG München zeigt: Der Schutz des § 15 Abs. 3b KSchG ist nicht grenzenlos. Der allgemeine Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 1 KSchG) ist auch auf § 15 Abs. 3b KSchG anwendbar.
- Für Arbeitgeber bedeutet das: Wachsam sein, frühzeitig reagieren, dokumentieren und frühzeitig Rechtsberatung einholen.
- Abzuwarten bleibt, ob nun das BAG zu dieser Frage Stellung nimmt: Das LAG München hat die Revision zugelassen.
Sollten sie Anzeichen bemerkten, dass in Ihrem Unternehmen ein Betriebsrat gegründet werden soll, so ist eine zügige und rechtstreue Reaktion elementar – wir unterstützen Sie hier gerne.