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Dr. Klara Pototzky

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22. Juli 2021

(Keine) Altersmüdigkeit – wann Altersgrenzen im Arbeitsverhältnis zulässig sind

  • Briefing

Schiedsrichter Manuel Gräfe klagt derzeit medienwirksam gegen den DFB, weil er im Alter von 47 Jahren aufgrund einer Altersgrenze in der DFB-Schiedsrichterordnung nicht mehr auf dem Platz stehen darf. Er hält dies für Altersdiskriminierung und einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Auch bei anderen Berufsgruppen sind gewisse Altersgrenzen üblich. Dieser Newsletter informiert, wann und wie Altersgrenzen im Arbeitsverhältnis zulässig sind.

Keine Kündigung nur aufgrund des Alters

Eine gesetzliche Vorschrift, nach der das Arbeitsverhältnis im Falle des Erreichens des Rentenalters oder eines anderen bestimmten Lebensalters beendet wird, gibt es nicht. Das Erreichen eines bestimmten Alters berechtigt auch nicht zur Kündigung, stellt also für sich keinen personenbedingten Kündigungsgrund dar. Das Arbeitsverhältnis könnte bis zum Tod des Arbeitnehmers laufen.

Regelaltersgrenzen im Arbeitsvertrag

In der Praxis finden sich stattdessen vielfach in Arbeitsverträgen Klauseln, wonach das Arbeitsverhältnis endet, wenn der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht. Solche sog. Regelaltersgrenzenklauseln sind nach der Rechtsprechung wirksam (siehe etwa BAG 9.12.2015 – 7 AZR 68/14). Zwar handelt es sich dabei um eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Diese ist jedoch nach § 10 S. 3 Nr. 5 AGG zulässig und wird damit begründet, dass der Arbeitnehmer durch die Möglichkeit des Rentenbezugs abgesichert ist.

Achtung: Bei Regelaltersgrenzenklauseln handelt es sich nach der Rechtsprechung um eine Befristung des Arbeitsverhältnisses, die daher die Schriftform gem. § 14 Abs. 4 TzBfG wahren muss. Der Arbeitsvertrag muss also von beiden Parteien handschriftlich unterzeichnet sein und die unterzeichnete Version muss dem Arbeitnehmer grundsätzlich vor Arbeitsantritt zugehen (BAG 25.10.2017 – 7 AZR 632/15). Dieser Aspekt wird vielfach übersehen. Bei Missachtung dieses Erfordernisses ist der Arbeitsvertrag nicht unwirksam; er gilt aber unbefristet fort.

Altersgrenzen ohne Rücksicht auf das Rentenalter

Schiedsrichter Manuel Gräfe jedoch ist noch weit von der Regelaltersgrenze entfernt, sondern soll bereits mit 47 Jahren ausscheiden. Solche Vereinbarungen von Altersgrenzen, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Rücksicht auf Rentenansprüche des Arbeitnehmers vorsehen, sind in aller Regel unzulässig. Eine solche Altersgrenze verstößt gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Alters in § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG und muss deswegen durch besondere Umstände sachlich gerechtfertigt sein.

Eine Rechtfertigung (etwa gemäß § 8 Abs. 1 oder § 10 AGG) kommt nur in seltenen Fällen in Betracht. Dabei wird im Einzelfall betrachtet, ob die Altersgrenze einen legitimen Zweck verfolgt, erforderlich und angemessen ist. In den vergangenen Jahren sind jedoch immer mehr Altersgrenzen entweder durch den Gesetzgeber selbst oder durch Gerichte gekippt worden. Noch zulässig ist die Altersgrenze von 65 Jahren für Piloten im gewerblichen Luftverkehr, die der EuGH bestätigt hat, um den hohen Sicherheitsanforderungen in der Luftfahrt gerecht zu werden (EuGH 5.7.2017 – C-190/16). Eine Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten befand die Rechtsprechung hingegen bereits für unzulässig (EuGH 13.9.2011 – C-447/09; ebenso das BAG 18.1.2012 – 7 AZR 112/08).

Bezogen auf DFB-Schiedsrichter mag bezweifelt werden, ob das Alter allein einen Schiedsrichter für die Tätigkeit ungeeignet werden lässt. Zwar bestehen hohe körperliche Anforderungen an die Leistungsfähigkeit, etwa im Hinblick auf die Fitness, Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, die mit dem Alter abnehmen kann. Diese Anforderungen können aber auch durch – ohnehin vom DFB durchgeführte – Leistungstests regelmäßig überprüft werden, ohne dass eine solche starre Grenze notwendig ist. Auch das Argument der Nachwuchsförderung durch Ausscheiden der älteren Schiedsrichter überzeugt nicht. Zudem ist nicht ersichtlich, warum die Grenze gerade bei 47 Jahren gezogen werden soll. Manuel Gräfes Klage sind daher hohe Chancen einzuräumen.

Fazit

Klauseln in Arbeitsverträgen, die das Arbeitsverhältnis bei Erreichen der Regelaltersgrenze beenden, sind zulässig aber auch erforderlich, um das Arbeitsverhältnis mit Eintritt in das Rentenalter zu beenden. Dabei ist bei Altersgrenzen in Arbeitsverträgen die Schriftform zu beachten. Solche Altersgrenzen, die das Arbeitsverhältnis ohne Rücksicht auf die Möglichkeit zum Rentenbezug beenden, sind hingegen in aller Regel unwirksam. Sie können nur durch besondere Umstände gerechtfertigt werden, die die Altersgrenze erforderlich und angemessen erscheinen lassen. Schiedsrichter Gräfe könnte daher bei Erfolg seiner Klage schon bald wieder Fußballspiele pfeifen.

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