Stichtag 1. Januar 2026: Alte Mietverträge, neues Recht
Am 1. Januar 2026 läuft die Übergangsfrist für die Anwendung des gesetzlichen Schriftformerfordernisses für gewerbliche Mietverträge mit Laufzeit von über einem Jahr, die noch vor dem 1. Januar 2025 abgeschlossen wurden, ab. Im Anschluss gilt auch für diese Bestandsmietverträge das gesetzliche Textformerfordernis. Doch was bedeutet das für Ihre Altverträge? Wir zeigen Ihnen, wo die Risiken liegen und was Sie jetzt tun sollten.
Zum Hintergrund: Von der Schriftform zur Textform
Bis zum 1. Januar 2025 mussten Gewerberaummietverträge mit einer festen Laufzeit von mehr als einem Jahr die Schriftform gemäß §§ 578, 550, 126 BGB erfüllen. Dieses Formerfordernis diente hauptsächlich dem Schutz eines Immobilienkäufers, der gemäß § 566 BGB durch Erwerb einer vermieteten Immobilie in den Mietvertrag eintritt. In der Praxis führte das Schriftformerfordernis jedoch regelmäßig sowohl auf Mieter als auch auf Vermieterseite zu Unsicherheit, da bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Form das Mietverhältnis ordentlich kündbar blieb.
Seit dem 1. Januar 2025 reicht nunmehr bereits die Textform für den formgerechten Abschluss und die Änderung solcher Verträge aus. Ziel des Gesetzgebers war neben dem allgemeinen Bürokratieabbau auch eine Reduzierung der Ausnutzung des Kündigungsrechts aufgrund reiner Formfehler. Zur Bedeutung dieser Änderung haben wir bereits im letzten Jahr berichtet.
1. Schicksal von Bestandsmietverträgen (vor 2025 geschlossen):
Für Bestandsmietverträge gilt die bisherige Rechtslage, d.h. das gesetzliche Schriftformerfordernis, grundsätzlich noch bis einschließlich 1. Januar 2026 fort.
Achtung: Der Anwendungsbereich der Textform gilt aber auch dann bereits für Bestandsmietverhältnisse, wenn und sobald diese nach dem 1. Januar 2025 durch die Vertragsparteien abgeändert werden.
Hält ein in diesem Jahr bislang nicht geänderter Bestandsmietvertrag die gesetzliche Schriftform nicht ein, bleibt folglich die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung grundsätzlich noch bis zum 1. Januar 2026 bestehen. Ab dem 2. Januar 2026 unterliegen sodann auch diese Bestandsmietverträge dem Textformerfordernis und können bei Einhaltung der Textform der Wegfall der Befristung und die ordentliche Kündigung nicht länger auf einen bereits vorhandenen Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform gestützt werden.
2. Vertragliche Schriftformklauseln in Altverträgen
Die gesetzliche Änderung ändert zunächst nichts an der Möglichkeit der Parteien, vertraglich abweichende Formerfordernisse zu vereinbaren.
Daneben stellt sich die Frage, ob und ggf. wie sich die Gesetzesänderung auf vertragliche Schriftformklauseln in Bestandsmietverträgen auswirkt. Die Antwort hängt davon ab, was die ursprünglichen Vertragsparteien mit der Klausel beabsichtigten:
(a) Fall 1: Die Parteien wollten eine strengere Form als vom Gesetz verlangt (Ausnahmefall)
Die Vereinbarung einer strengeren als der gesetzlich geforderten Form, dürfte nur selten der Wille der Parteien gewesen sein. Relevanz hatte dabei bislang vor allem die doppelte Schriftformklausel, die auch für eine Änderung des Formerfordernisses ausdrücklich die Schriftform verlangt. Derartige Klauseln führen jedoch bei Nichteinhaltung der Schriftform zur Vertragsnichtigkeit, wenn die Parteien nicht abweichend eine rein deklaratorische Wirkung oder abweichende Rechtsfolge vereinbart haben, § 125 BGB.
Aber: Die Wirkung einer doppelten Schriftformklausel hängt vorrangig vom Regelungsgehalt und der angestrebten Rechtsfolge ab. Entscheidend ist sodann, ob sie als Allgemeine Geschäftsbedingung (Regelfall) oder als echte, ausgehandelte Individualvereinbarung einzustufen ist. Solche Fälle kommen in der Praxis nur sehr selten vor. Denn der Bundesgerichtshof hat bereits im Jahr 2017 entschieden, dass eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte doppelte Schriftformklausel wegen des Vorrangs der Individualvereinbarung nicht eine abweichende mündliche Vereinbarung verhindern kann. Wurde die Klausel tatsächlich individuell ausgehandelt und sollte sie auch bei einer Gesetzesänderung Bestand haben, könnte sie weiterhin die Schriftform fordern.
(b) Fall 2: Die Klausel war nur ein Verweis auf das alte Gesetz (Regelfall)
In den meisten Fällen war die Schriftformklausel jedoch lediglich eine Wiedergabe der damaligen gesetzlichen Anforderung. Nicht abschließend geklärt ist, welche rechtliche Auswirkungen die gesetzliche Änderung in diesem Fall hat.
- Naheliegende Auslegung: Es ist naheliegend, dass der normative Gehalt einer solchen Klausel an die Entwicklung der gesetzlichen Vorgaben gekoppelt ist. Mit der Absenkung des gesetzlichen Erfordernisses auf die Textform genügt folglich auch die Einhaltung der Textform, um der Klausel gerecht zu werden. Gegen eine solche Auslegung dürfte jedoch regelmäßig der Wortlaut der Regelung sprechen.
- Restunsicherheit: Eine strenge Auslegung der Altklauseln birgt das Risiko, dass Gerichte weiterhin auf der Einhaltung der Schriftform für die Wirksamkeit von Änderungsvereinbarungen bestehen. Dies würde die Rechtsfolge eines Formverstoßes ab dem 2. Januar 2026 verschärfen: Statt der ordentlichen Kündbarkeit des Mietverhältnisses wäre jedenfalls die Änderungsvereinbarung und möglicherweise auch der Mietvertrag im Übrigen nichtig. Eine Konsequenz, die dem Parteiwillen widersprechen dürfte.
3. Empfehlung
(a) Bestandsverträge prüfen: Prüfen Sie bis Ende 2025, ob bestehende Formmängel nach altem Recht eine Kündigung rechtfertigen könnten. Dies ist Ihre letzte Chance, sich auf dieser Basis von einem (vor Januar 2025 abgeschlossenen) Mietvertrag zu lösen.
(b) Bei Nachträgen Klarheit schaffen: Regeln Sie in zukünftigen Nachträgen zu Bestandsverträgen die Form für weitere Änderungen explizit neu. Legen Sie unmissverständlich fest, ob zukünftig die Textform, die einfache elektronische Signatur oder eine noch höhere Form genügen soll. Dies beseitigt die Unsicherheit der alten Klausel.
(c) Interne Prozesse definieren: Die Textform ist einfacher, aber auch fehleranfälliger. Eine schnell versendete E-Mail aus dem Asset Management könnte bei entsprechender Vertretungsbefugnis ungewollt den Mietvertrag ändern.
- Legen Sie eine klare Policy fest: Wer darf welche Verträge in welcher Form ändern?
- Prüfen Sie den Einsatz von Signatur-Tools: Für Nachträge bietet sich mindestens die einfache elektronische Signatur an. Sie dokumentiert den Abschlussprozess und erschwert die nachträgliche Manipulation. Wer eine höhere Sicherheit möchte, kann die qualifizierte elektronische Signatur (QES) nutzen.
- E-Mail-Disclaimer prüfen: Ein Hinweis in der E-Mail-Signatur, dass hierdurch keine verbindlichen Erklärungen abgegeben werden, kann eine unterstützende, aber keine absolut schützende Wirkung haben.
- Dokumentation für die Transaktion sicherstellen: Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation aller Vereinbarungen – ob digital oder auf Papier – ist entscheidend. Vermeiden Sie unübersichtliche Sammlungen von E-Mails oder Chat-Nachrichten. Ein sauber dokumentierter Vertrag bietet Sicherheit und erspart späteren Aufwand.