Co-Autor: Julius Haas
Mit dem am 23. Mai 2024 in Kraft getretenen „Critical Raw Materials Act“ („CRMA“) unternimmt die Europäische Union („EU“) einen weiteren Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit. Kritische bzw. strategische Rohstoffe (“Critical Raw Materials”, CRMs bzw. “Strategic Raw Materials”, SRMs) sollen umweltfreundlicher ge- und insbesondere wiedergewonnen, die Abhängigkeit von Drittstaaten reduziert und Risiken in der Lieferkette, die zu Unterbrechungen und damit erheblichen Kosten führen können, vermieden werden.
Der CRMA bringt weitreichende Verpflichtungen, Risiken aber auch Möglichkeiten für Unternehmen, die in Bereichen tätig sind, in denen strategische Rohstoffe eine Rolle spielen, z. B. Automobilindustrie, Elektrotechnik/Elektronik, Windkraft, Klimageräte, Batterien, insbesondere Dauermagneten u. Ä.
Unternehmen, die die im CRMA genannten Produkte vermarkten, müssen neben dem EU-produktrechtlichen Anforderungen (CE-Kennzeichen),
- ab dem 24. November 2028 Produkte mit verbauten Dauermagneten, also Magneten, die ein dauerhaftes Magnetfeld ohne das Zuführen elektrischer Energie erzeugen, zusätzlich labeln, dass die Produkte Dauermagneten enthalten und diese Informationen auf Etiketten, Datenträgern und Webseiten gut lesbar und unverwischbar bereitstellen und
- dafür sorgen, dass die von ihnen in Verkehr gebrachten Dauermagneten ab dem 31. Dezember 2031 einen Mindest-Rezyklatanteil enthalten.
Große Unternehmen, mit mehr als 500 Mitarbeitern und einem weltweiten Jahresumsatz von über EUR 150 Millionen, die besonders anfällig sind für Unterbrechungen in der Lieferkette sind und die CRMs verwenden, müssen zudem ab dem 24. Mai 2025 alle drei Jahre eine Risikobewertung ihrer Rohstofflieferkette durchführen und intern Bericht erstatten. Zu prüfen haben die großen Unternehmen
- woher die verwendeten Critical Raw Materials kommen
- welche Risiken für die Versorgung bestehen und
- wie verwundbar das Unternehmen gegenüber Versorgungsunterbrechung sind
Zu erwarten ist, dass Unternehmen, die die Verpflichtungen des CRMA missachten, ihre Produkte vom Markt nehmen und mit nationalen Sanktionen und letzten Endes Marktzugangsbeschränkungen rechnen müssen. Die Regelungen ähneln denen der Batterieverordnung (EU) 2023/1542, die bereits seit 18. August 2025 Lieferketten-Sorgfaltspflichten vorsieht.
Strategische Projekte als Chance – die EU als Stütze der Unternehmen?
Die EU wiederum unterstützt die Unternehmen – sowohl strategische Rohstoffe gewinnende Unternehmen als strategische Rohstoffe verarbeitende Unternehmen.
Strategische Rohstoffe gewinnende Unternehmen können beantragen, als „strategisches Projekte“ anerkannt zu werden. Strategische Projekte, sind Projekte, die einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung der EU mit strategischen Rohstoffen leisten (Extraktion, Verarbeitung, Recycling) oder darauf ausgerichtet sind, strategische Rohstoffe in strategischen Technologien zu ersetzen.
Strategische Projekte können erhebliche Vorteile bringen, wie:
- eine Priorität im Genehmigungsverfahren bei antragsbedürftigen Projekten,
- besseren Zugang zu Finanzierung bzw. Fördermittel, und
- rechtliche Priorität bei Verfahren und möglichen Rechtsstreitigkeiten.
Strategische Rohstoffe verarbeitende Unternehmen können dagegen in das gemeinsame Beschaffungssystem der EU eintreten, wodurch die EU gebündelt für mehrere Unternehmen und somit für größere Mengen an Rohstoffen Angebote einholt, damit die Versorgung der Unternehmen mit den kritischen Rohstoffen sicherstellt und zudem aufgrund der Menge einen günstigeren Preis erzielen kann.
Blick in die Zukunft
Weitere Regelungen für das Inverkehrbringen von Produkten und insbesondere das Recycling von strategischen Rohstoffen werden aufgrund der mit der fortlaufenden Digitalisierung einhergehenden hohen Nachfrage nach strategischen Rohstoffen folgen.
Hersteller sollten daher bereits jetzt rechtlich abgesicherte
- Maßnahmen zur Risikoanalyse ihrer Rohstofflieferkette entwickeln (Auskunft bei den Lieferanten),
- ihre Rohstofflieferkette auf Risiken überprüfen und geeignete Absicherungsmaßnahmen (Diversifikation der Lieferanten) ergreifen,
- ihre Produkte so gestalten, dass strategische Rohstoffe und insbesondere Dauermagnete zugänglich und demontierbar sind, um Recycling zu erleichtern und
- einen etwaigen Produktpass um zusätzliche Informationen zur Zusammensetzung von Dauermagneten und deren Entfernung zu ergänzen.
Eine rechtliche Beratung hilft, Pflichten zu erfüllen und strategische Chancen zu nutzen – etwa durch Projektanmeldung oder Teilnahme am EU-Beschaffungssystem, denn wer frühzeitig diversifiziert und resilient plant, kann Wettbewerbsvorteile sichern.