10. Juli 2025
Am 29. Juni 2023 ist die Verordnung (EU) 2023/1115 über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) in Kraft getreten. Sie schafft ein neues System, welches Marktteilnehmern und Händlern weitreichende Pflichten auferlegt. So werden Marktteilnehmer und Händler sicherstellen müssen, dass aus bestimmten relevanten Rohstoffen gewonnene Produkte (sog. relevante Erzeugnisse) entwaldungsfrei sind und im Einklang mit den nationalen Vorschriften des jeweiligen Erzeugerlandes erzeugt wurden. Bei Nicht-Konformität drohen Handelsverbote, finanzielle Sanktionen sowie künftig sogar Strafbarkeitsrisiken.
Die EUDR ist bereits am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. Gleichwohl verbleibt ein Übergangszeitraum von – nach einer Verschiebung der EUDR „in letzter Minute“ Ende Dezember 2024 (siehe hier) – nunmehr 30 Monaten nach dem Datum des Inkrafttretens, bevor die Anforderungen der EUDR inhaltlich umgesetzt werden müssen. Die ersten Unternehmen werden daher erst ab dem 30. Dezember 2025 den Regelungen der EUDR gerecht werden müssen, wobei die EUDR eine sukzessive Ausweitung des Anwendungsbereichs abhängig von der Unternehmensgröße vorsieht. Da es sich um eine Verordnung handelt, wird die EUDR zeitgleich unmittelbar in sämtlichen EU-Mitgliedstaaten Anwendungen finden, ohne dass es eines gesonderten Umsetzungsaktes bedarf.
Beachte: Ob das eigene Unternehmen mit Blick auf den Anwendungsbeginn als „Kleinst- oder Kleinunternehmen“ oder „mittleres“ oder „großes“ Unternehmen zu klassifizieren ist, richtet sich nach den in der Bilanz-Richtlinie (vgl. Richtlinie 2013/34/EU) festgelegten Schwellenwerten und deren Umsetzung in das nationale Recht der jeweiligen Mitgliedsstaaten. D.h. innerhalb der europäischen Mitgliedsstaaten können leicht unterschiedliche Schwellenwerte mit Blick auf den KMU-Begriff existieren. In Deutschland wurde die Bilanz-Richtlinie in § 267 HGB umgesetzt.
Demnach gilt nach aktueller Fassung des § 267 HGB ein Unternehmen dann nicht mehr als KMU, wenn es zwei der drei nachfolgenden Merkmale überschreitet:
Diese Schwellenwerte sind insbesondere relevant für die Frage, welcher Pflichtenumfang vom Unternehmen nach der EUDR erfüllt werden muss (zur Abgrenzung von KMU/ Nicht-KMU Pflichten sogleich).
Für den Anwendungsbeginn der EUDR gelten jedoch noch die „alten“ KMU-Schwellenwerte. Denn mit Blick auf den Anwendungsbeginn (30.12.2025 / 30.06.2026) kommt es darauf an, ob das Unternehmen am 31. Dezember 2020 als Kleinst- oder Kleinunternehmen anzusehen war. Zu diesem Zeitpunkt galten nach der Bilanz-Richtlinie jedoch noch andere Schwellenwerte, sodass auch diese „alten“ Schwellenwerte – abhängig von der Umsetzung in nationales Recht zum Zeitpunkt des 31.12.2020 – für die Frage des Anwendungsbeginns zu berücksichtigen sind. In der zum 31.12.2020 geltenden alten Fassung des § 267 HGB galt ein Unternehmen dann nicht mehr als KMU, wenn es zwei der drei nachfolgenden Merkmale überschreitet:
Beachte: Dieser Unterscheidung zwischen den Schwellenwerten bedarf es nur mit Blick auf den Anwendungsbeginn. Im Übrigen gelten in Deutschland die Schwellenwerte der aktuellen Fassung des § 267 HGB.
Die EUDR ist produktbezogen, indem sie auf sog. „relevante Rohstoffe“ und „relevante Erzeugnisse“ abstellt. „Relevante Rohstoffe“ sind nach Maßgabe der EUDR die folgenden sieben Rohstoffe: Rind, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz.
Die „relevanten Erzeugnisse“ sind wiederum solche Produkte, die aus den relevanten Rohstoffen resultieren, d.h. wenn sie relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt werden. Die Einordnung, ob ein Produkt ein „relevantes Erzeugnis“ darstellt oder nicht, erfolgt anhand der konkreten Zolltarifnummer des jeweiligen Produktes. Die betroffenen Produkte werden in Anhang I der EUDR daher unmittelbar anhand ihrer Zolltarifnummern gelistet.
Praxistipp: Vergleichen Sie zunächst die in Anhang I gelisteten Produkte mit Ihren eigenen Produkten. Selbst wenn Sie Ihr eigenes Produkt noch nicht exakt einer Zolltarifnummer zuordnen können, kann dies bereits einen ersten Überblick darüber verschaffen, ob Ihr Produkt in den Anwendungsbereich fallen könnte. Denn Anhang I der EUDR enthält zumindest grobe Beschreibungen der unter die EUDR fallenden Produkte, wobei für eine abschließende und verbindliche Prüfung stets eine konkrete Überprüfung durch Abgleich der Zolltarifnummer erforderlich ist. Nutzen Sie gerne unseren EUDR Quick Check, um zu prüfen, ob Ihre Produkte möglicherweise in den Anwendungsbereich der EUDR fallen.
Taylor Wessing Quick Check zur EUDR
Fallen Ihre Produkte unter die EU Deforestation Regulation?
Jetzt prüfenBeachte: Es sind Fälle möglich, in denen die Zolltarifnummer zumindest nicht explizit im Anhang der EUDR gelistet wird, das jeweilige Produkt aber dennoch als „relevantes Erzeugnis“ anzusehen ist. Denn während Anhang I teilweise die betroffenen Zolltarifnummern explizit listet, beschränkt sich dieser an anderer Stelle auf Verweise auf Kapitel der sog. „Kombinierten Nomenklatur“ nach Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87. So wird z.B. im Zusammenhang mit dem relevanten Rohstoff Holz pauschal auf „Kapitel 47 und 48 der Kombinierten Nomenklatur“ verwiesen. „Kapitel 47 und 48 der Kombinierten Nomenklatur“ enthalten wiederum weitere, nicht ausdrücklich in Anhang I EUDR gelistete Zolltarifnummern.
Die EUDR sieht zudem eine Möglichkeit vor, die Liste der relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse bis spätestens zum 30. Juni 2025 zu erweitern. Die EU-Kommission hat jedoch bereits angekündigt, hiervon zunächst (Stand: 9. Juli 2025) keinen Gebrauch machen zu wollen.
Nicht dem Anwendungsbereich unterfallen relevante Erzeugnisse, die bereits vor dem 29. Juni 2023 erzeugt wurden. Ebenso müssen für relevante Erzeugnisse, die bereits vor dem Anwendungsbeginn, d.h. vor dem 30. Dezember 2025 bzw. dem 30. Juni 2026, auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebracht wurden, die umfangreichen Vorschriften der EUDR nicht erfüllt werden. Stattdessen müssen für diese Produkte lediglich Nachweise (z.B. Zollanmeldungen, Lieferscheine, Rechnungen, etc.) gesammelt werden, aus denen hervorgeht, dass die relevanten Erzeugnisse bereits während der Übergangsphase auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebracht wurden.
Ebenso fallen relevante Erzeugnisse, die ausschließlich (d.h. zu 100 %) aus recyceltem Material bestehen nicht in den Anwendungsbereich der EUDR.
Die praxisrelevanteste Ausnahme besteht mit Blick auf Verpackungsprodukte (z.B. Paletten, Kisten oder Kartons). Solche Verpackungsprodukte fallen dann nicht in den Anwendungsbereich, wenn sie zusammen mit einem anderen Produkt abgegeben werden und dabei dem Schützen, Stützen oder Tragen des anderen Produkts dienen, sofern sie nicht den wesentlichen Charakter des zu schützenden Produkts darstellen. Ebenso fallen sie ab dem Zeitpunkt, ab dem sie erstmalig als Verpackungsmaterial genutzt wurden, nicht mehr in den Anwendungsbereich der EUDR. Somit müssen z.B. im Zusammenhang mit dem üblichen „Palettenringtausch“ (= Rückgabe leerer Paletten nach Entgegennahme der Ware) oder beim Verkauf nur gebrauchter Paletten keine EUDR-Pflichten erfüllt werden. Sofern Verpackungsmaterial jedoch als eigenständige und ungenutzte Ware abgegeben wird (z.B. durch Palettenhersteller oder Palettenhändler), müssen die EUDR-Pflichten vollständig erfüllt werden.
Zudem sollen künftig auch Benutzerhandbücher, Informationsbroschüren, Kataloge, Marketingmaterialien sowie Etiketten, die anderen Produkten beiliegen, unter diese Ausnahmeregelung fallen, sofern sie nicht als eigenständige Produkte in Verkehr gebracht oder exportiert werden.
Gleiches gilt für sog. Briefsendungen im Sinne von Art. 1 Nr. 26 und Art. 141 Abs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446. Diese sollen nicht dem Anwendungsbereich der EUDR unterfallen. „Briefsendungen“ meint dabei Briefe, Postkarten, Blindenpost und Drucksachen, die nicht einfuhr- oder ausfuhrabgabenpflichtig sind.
Auch sollen Proben und Muster von relevanten Erzeugnissen je nach Einzelfall nicht in den Anwendungsbereich der EUDR fallen.
Die EUDR sieht in erster Linie ein Verbot vor (vgl. Art. 3 EUDR). Danach dürfen Unternehmen relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse nur dann in Verkehr bringen, auf dem Markt bereitstellen oder ausführen, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
(1) Das relevante Erzeugnis muss entwaldungsfrei sein,
(2) gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt worden sein und
(3) für das relevante Produkt muss eine Sorgfaltserklärung vorliegen.
Fehlt eine dieser Voraussetzungen, darf das relevante Produkt von dem Unternehmen nicht auf dem EU-Markt gehandelt oder von diesem exportiert werden. Es handelt sich somit um eine Erfolgspflicht und nicht nur um eine Bemühenspflicht.
Beachte: Mit der Übermittlung der Sorgfaltserklärung übernimmt das Unternehmen die Verantwortung dafür, dass die relevanten Erzeugnisse mit den Anforderungen der Verordnung konform sind. Die Sorgfaltserklärung ist über das EU-Informationssystem mittels der dortigen Eingabemaske abzugeben. Im EU-Informationssystem müssen keine Nachweise eingereicht werden, sondern allein die „Pflichtfelder“ befüllt werden.
Praxistipp: In welcher Häufigkeit die Sorgfaltserklärung abzugeben ist, regelt die EUDR selbst nicht. Nach der EU-Kommission kann eine Sorgfaltserklärung auch für mehrere Lieferungen über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr abgegeben werden.
Die EUDR unterscheidet zwischen Marktteilnehmern und Händlern, wobei diese grundsätzlich die gleichen Pflichten treffen.
Marktteilnehmer ist dabei, wer ein relevantes Erzeugnis erstmalig auf dem Unionsmarkt bereitstellt oder es vom Unionsmarkt exportiert. Händler ist, wer ein bereits erstmalig auf dem EU-Markt bereitgestelltes relevantes Erzeugnis wiederholt und unverändert auf dem Unionsmarkt bereitstellt. Im Ergebnis sind Händler den Marktteilnehmern in der Wertschöpfungskette also stets nachgelagert. Daneben gibt es aber auch sog. nachgelagerte Marktteilnehmer, d.h. solche Unternehmen, die bereits auf dem EU-Markt befindliche relevante Erzeugnisse zu einem neuen relevanten Erzeugnis weiterverarbeiten und dieses sodann auf dem Unionsmarkt bereitstellen.
Beachte: Nicht unter den Begriff des „Bereitstellens“ fällt der Einkauf von relevanten Erzeugnissen, sofern der Einkauf innerhalb der EU erfolgt (z.B. Einkauf von Büromöbeln in Deutschland). Ebenso löst der Eigenverbrauch von relevanten Erzeugnissen (z.B. Kopierpapier) keine Pflichten nach der EUDR aus. Anderes gilt nur, wenn relevante Erzeugnisse von außerhalb der EU eingekauft und somit über den Zoll verbracht werden müssen. Denn in diesem Fall löst bereits der Einkauf EUDR-Pflichten aus, und zwar ungeachtet des eigentlichen Zwecks des Einkaufs.
Praxistipp: Der Begriff des „erstmaligen Bereitstellens“ wird insbesondere dann relevant, wenn relevante Erzeugnisse in die EU importiert werden. Die EUDR findet jedoch nur auf solche relevante Erzeugnisse Anwendung, die unter dem Zollverfahren „Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr“ importiert werden. „Exportieren“ im Sinne der EUDR betrifft nur das Zollverfahren der „Ausfuhr“. Sofern Waren also unter einem anderen Zollverfahren ein- bzw. ausgeführt werden (z.B. aktive oder passive Veredelung, etc.), können EUDR-Pflichten reduziert werden.
Aufgrund des produktbezogenen Ansatzes kann dasselbe Unternehmen auch (im Hinblick auf unterschiedliche Produkte) Marktteilnehmer und Händler sein.
Beachte: Die EUDR unterscheidet zwischen „KMU“ und „Nicht-KMU“ Marktteilnehmern und Händlern. Sofern ein Unternehmen lediglich als KMU anzusehen ist, kann je nach Einzelfall ein abweichender Pflichtenmaßstab anzulegen sein. Insbesondere KMU-Händler haben lediglich die Pflicht, im Umfang sehr überschaubare Informationen in Bezug auf die vor- und nachgelagerte Lieferkette zu sammeln und auf Verlangen den zuständigen Behörden vorzulegen.
Praxistipp: Sofern Sie Produkte im Anwendungsbereich der EUDR identifizieren, sollten Sie im Anschluss die Rolle des eigenen Unternehmens ermitteln. D.h. es sollte geprüft werden, ob und in welchen Konstellationen das eigene Unternehmen als Marktteilnehmer und/oder Händler und/oder nachgelagerter Marktteilnehmer anzusehen ist. Ebenso sollte geprüft werden, ob ggf. ein reduzierter Pflichtenumfang besteht, da das eigene Unternehmen lediglich als KMU anzusehen ist.
Für Marktteilnehmer, die keine KMU sind, gilt ein umfangreiches Pflichtenprogramm. Sie müssen Sorgfaltspflichten erfüllen, um nachzuweisen, dass die relevanten Erzeugnisse entwaldungsfrei sind und gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes hergestellt wurden und die Erfüllung der Sorgfaltspflichten durch Abgabe der Sorgfaltserklärung zusichern.
Die genannten Sorgfaltspflichten umfassen dabei
(1) das Sammeln von Informationen,
(2) die Vornahme einer Risikobewertung und
(3) ggf. das Ergreifen von Maßnahmen zur Risikominderung.
Das Sammeln von Informationen stellt dabei den ersten Schritt zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten dar. Unternehmen müssen Informationen, Daten und Unterlagen sammeln, aus denen hervorgeht, dass die relevanten Erzeugnisse verordnungskonform sind.
Einen wichtigen Bestandteil dieser Informationen bilden dabei die sog. Geo-Daten aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe, die das relevante Erzeugnis enthält oder unter deren Verwendung es hergestellt wurde, erzeugt wurden. Die Geo-Daten sind zwingend in der Sorgfaltsklärung anzugeben. Anhand der Geo-Daten kann zudem durch einen Vorher-Nachher Vergleich festgestellt werden, ob auf den jeweiligen Grundstück nach dem „Stichtag“ 31.Dezember 2020 Entwaldung oder Waldschädigung stattgefunden hat.
Beachte: Wird mittels Geo-Daten eine Entwaldung oder Waldschädigung identifiziert, ist das Produkt nicht mehr „entwaldungsfrei“, sodass ein Verstoß gegen Art. 3 EUDR vorliegt und das Handelsverbot eingreift.
Weiterhin sind auch Nachweise dafür zu sammeln, dass die einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes bei der Erzeugung der relevanten Rohstoffe beachtet wurden.
Beachte: Um die erforderlichen Informationen zu erlangen, bedarf es einer intensiven Zusammenarbeit mit Ihrer vorgelagerten Lieferkette, da vermutlich nur diese über die erforderlichen Informationen verfügt. Sofern die Informationen nicht erlangt werden können, muss davon abgesehen werden das Produkt zu handeln. Die EUDR sieht diesbezüglich keine Ausnahme vor.
Praxistipp: Stellen Sie noch vor Bezug der Produkte sicher, dass Sie die erforderlichen Informationen von Ihren Lieferanten erlangen können. Denn die Sorgfaltserklärung ist noch vor Inverkehrbringen, Bereitstellung auf dem Markt oder Ausfuhr abzugeben. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Produkte mangels verfügbarer Informationen nicht gehandelt werden können, könnte dies Umsatzeinbußen zur Folge haben.
Im zweiten Schritt müssen Unternehmen auf Grundlage der zusammengetragenen Informationen eine Risikobewertung vornehmen. Mittels Risikobewertung ist festzustellen, ob die Gefahr besteht, dass die relevanten Erzeugnisse, die gehandelt werden sollen, nichtkonform im Sinne der EUDR sind. Die EUDR nennt hierbei eine Vielzahl von Kriterien, welche zur Risikobewertung heranzuziehen sind. So ist z.B. zu berücksichtigen, inwieweit in dem Erzeugerland das abstrakte Risiko von Entwaldung besteht aber auch die Zuverlässigkeit der Quellen, aus welchen die gesammelten Informationen stammen.
Beachte: Die Risikobewertung dient folglich dazu, die im ersten Schritt bereits konkret gesammelten Erkenntnisse zu plausibilisieren, wobei zur Plausibilisierung sowohl auf abstrakte Faktoren (z.B. generelles Entwaldungsrisiko im Erzeugerland) als auch konkrete Faktoren (z.B. Zuverlässigkeit der Informationen) abzustellen ist.
Sofern die Risikobewertung kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko ergibt, kann die Sorgfaltserklärung abgegeben und das jeweilige Produkt im Anschluss gehandelt werden.
Ergibt die Risikobewertung kein nicht nur vernachlässigbares Risiko vorliegt, muss das Unternehmen im dritten Schritt Maßnahmen zur Risikominderung ergreifen. Maßnahmen zur Risikominderung können z.B. das Anfordern zusätzlicher, vertiefter Informationen sowie die Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits sein, um so sicherzustellen, dass das Produkt entgegen der Risikobewertung als konform anzusehen ist. Auch sind Maßnahmen zur Unterstützung der Lieferanten denkbar.
Beachte: Kann auch mittels Risikominderungsmaßnahmen nicht zu dem Schluss gelangt werden, dass ein zumindest nur vernachlässigbares Risiko besteht, kann die Sorgfaltsklärung nicht wahrheitsgemäß abgegeben werden. Denn diese verlangt ausdrücklich die Erklärung, dass kein oder lediglich ein vernachlässigbares Risiko festgestellt wurde.
Auch Händler und nachgelagerte Marktteilnehmer treffen grundsätzlich die gleichen Pflichten. Aufgrund ihrer nur nachgelagerten Stellung innerhalb der Lieferkette haben sie jedoch den erheblichen Vorteil, dass sie bei der eigens abzugebenden Sorgfaltserklärung auf die vorherige(n) Sorgfaltserklärung(en) der vorgelagerten Marktteilnehmer verweisen können. D.h. Händler und lediglich nachgelagerte Marktteilnehmer werden regelmäßig nicht die umfangreichen Informationen sammeln sowie Risiken bewerten und mindern müssen. Stattdessen dürfen sie auf die vorherigen Sorgfaltserklärungen verweisen, nachdem sie „festgestellt“ haben, dass auf früherer Stufe der Lieferkette bereits der EUDR-Sorgfaltspflicht entsprochen wurde. Für die erforderliche Feststellung ist es ausreichend, dass sie von ihren Lieferanten die Referenz- und Prüfnummer zu der vom Lieferanten abgegebenen Sorgfaltserklärung erhalten und deren Gültigkeit im EU-Informationssystem abgleichen. Weitergehende Maßnahmen (z.B. Fragebögen o.Ä.) sind zwar lediglich optional, aber ratsam. Denn auch als Händler oder nachgelagerter Marktteilnehmer, der lediglich auf eine frühere Sorgfaltserklärung verweist, verbleibt eine vollständige Verantwortlichkeit für die EUDR-Konformität der Produkte, D.h., dass auch Händler und nachgelagerte Marktteilnehmer Adressaten von Sanktionen sein können, wenn sie sich auf (falsche) Angaben ihrer Vorlieferanten „verlassen“.
Praxistipp: Nehmen Sie auch als Händler oder nachgelagerter Marktteilnehmer frühzeitig Kontakt zu Ihren Lieferanten auf, um „abzuklopfen“, ob diese die erforderlichen Daten liefern können. Ebenso ist es ratsam sich eine entsprechende Informationsweitergabe vertraglich zusichern zu lassen. Daneben können Fragebögen o.Ä. ratsam sein, um angesichts des bestehenden Sanktionsrisikos einen Einblick zu gewinnen, wie gewissenhaft Ihre Lieferanten die EUDR erfüllen.
Nicht-KMU Unternehmen müssen als Teil der Risikominderung zudem einen EUDR-Compliance Beauftragten auf Führungsebene benennen. Ebenso muss eine unabhängige Prüfstelle eingerichtet werden, die die Erfüllung der EUDR-Pflichten überprüft. Die eingerichteten Maßnahmen und Prozesse sind mindestens einmal pro Jahr zu überprüfen. Daneben muss über die zur Erfüllung der EUDR ergriffenen Maßnahmen auch jährlich berichtet werden, wobei der erste Bericht Anfang 2027 für das Jahr 2026 abgegeben werden muss.
Praxistipp: Die EUDR sieht ausdrücklich vor, dass der Berichtspflicht entsprochen werden kann, wenn das Unternehmen über die ergriffenen Maßnahmen bereits anderweitig berichtet. Die EUDR verweist hierbei insbesondere auf die Berichtspflichten der CSRD oder der CSDDD. Um Mehraufwände zu vermeiden, sollten insoweit Harmonisierungsmöglichkeiten geprüft und genutzt werden.
Um sicherzustellen, dass die Vorgaben der EUDR eingehalten werden, verfügen die zuständigen Behörden über unterschiedliche Kontroll- und Überwachungsbefugnisse. Zu den Kontrollmöglichkeiten gehören etwa wissenschaftliche und technische Analysen, die den Herkunftsort und die Entwaldungsfreiheit des relevanten Rohstoffs und des relevanten Erzeugnisses bestimmen können.
Beachte: Die EUDR sieht eine höhere Anzahl von Kontrollen für Marktteilnehmer und Händler vor, deren Produkte ihren Ursprung in einem Land haben, dem nach dem EU-Benchmarking-System ein hohes Risiko zugeordnet wird. Bislang werden Russland, Belarus, Nordkorea und Myanmar als Hoch-Risiko-Länder klassifiziert.
Besteht ein hohes Risiko der Nicht-Konformität, so können die zuständigen Behörden einstweilig Maßnahmen treffen, um das Inverkehrbringen oder die Bereitstellung auf dem Unionsmarkt auszusetzen. Damit der Verstoß möglichst schnell beendet wird, können Unternehmen angehalten werden, unverzüglich Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Die Behörde kann Vertriebs- und Ausfuhrverbote in Bezug auf die relevanten Erzeugnisse verhängen sowie deren Rücknahme oder einen Rückruf anordnen. Die zuständige Behörde hat ebenfalls die Befugnis, eine Spende des relevanten Erzeugnisses an gemeinnützige oder im öffentlichen Interesse liegende Zwecke anzuordnen.
Zum Zwecke der Durchsetzung müssen die Mitgliedstaaten „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende“ Vorschriften über Sanktionen erlassen
Hierbei sind folgende Maßnahmen ausweislich der EUDR umfasst:
Daneben drohen zukünftig auch erhebliche Strafbarkeitsrisiken. Denn die neue Umweltstrafrechtsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2024/1203), welche spätestens bis zum 21. Mai 2026 von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss, sieht vor, dass für Verstöße gegen das in Art. 3 der EUDR normierte Verbot auch Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren verhängt werden können.
Praxistipp: Strafbarkeitsrisiken bestehen aufgrund eines möglichen Organisationsverschuldens auch auf Vorstands- und Geschäftsführungsebene. Um diesen vorzubeugen, sollten Pflichten zwingend verbindlich delegiert werden, z.B. durch einzurichtende Delegationsrichtlinien und Freigabeprozesse. Zudem sollte sichergestellt sein, dass Delegationsempfänger ausreichend geschult sind. Ebenso sollte in einem regelmäßigen Turnus überprüft werden, ob Delegationsempfänger den übertragenen Pflichten ordnungsgemäß nachkommen.
Im Übrigen drohen Reputationsrisiken. Denn die EU-Kommission wird von Unternehmen begangene, gerichtlich festgestellte Verstöße gegen die EUDR im Internet veröffentlichen. Hierbei wird die EU-Kommission insbesondere Namen des Unternehmens sowie das für den Verstoß ursächliche Verhalten bekanntmachen.
Angesichts des Verbotscharakters der EUDR droht die latente Gefahr, dass Unternehmen eigene Produkte in Zukunft nicht mehr werden handeln können, sollten Sie nicht den Anforderungen der EUDR entsprechen.
Unternehmen sollten sich daher schnellstmöglich einen Überblick darüber verschaffen, (i) ob oder welche Produkte in den Anwendungsbereich der EUDR fallen, (ii) welche Rolle dem eigenen Unternehmen unter der EUDR zukommt und (iii) wie sichergestellt werden kann, dass die erforderlichen Informationen zur Abgabe von Sorgfaltserklärungen vorliegen. Gerne unterstützen wir Sie bei der Umsetzung der EUDR.