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Dr. Gregor Staechelin

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2022年11月28日

Kontaminierte Schinkencroissants: OLG-Urteil zu Transportschadensfall

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Das OLG Hamm (18 U 46/17) hat mit Urteil vom 20.12.2021 einen Transportschadensfall entschieden, an dem sich einige grundsätzliche Haftungsfragen anschaulich nachvollziehen lassen.

Sachverhalt

Leicht gekürzt und vereinfacht hatte sich der folgende Sachverhalt zugetragen: Am 17.4.2015 beauftragte die Klägerin die Beklagte mit dem Transport einer Partie tiefgekühlter Schinkencroissants von Deutschland zu einem Empfänger in der Schweiz. Dabei sprach sie durch Verweis auf ihre AGB gegenüber der Beklagten ein „absolutes Zuladeverbot“ aus, wobei nach dem gerichtlich mitgeteilten Sachverhalt davon auszugehen ist, dass die Einbeziehung dieser AGB in den Verkehrsvertrag und mithin das Zuladeverbot nicht wirksam wurden. Die Beklagte vergab den Auftrag weiter an die Streithelferin ohne dieser gegenüber ein Zuladeverbot auszusprechen. Die Streithelferin übernahm die Partie Tiefkühlware und nahm unterwegs in Duisburg bei der D AG weitere Ware auf. Dabei handelte es sich um eine stark riechende Chemikalie (Tetrahydrothiophen - THT), die als Geruchsmarkierstoff von Erdgas dient. Vor der Zuladung der Chemikalie nahm der Zeuge H, Mitarbeiter der Streithelferin, deren extrem intensiven Geruch wahr und erkundigte sich beim Disponenten der D AG, der den Zeugen H aber beschwichtigte. Bei der Abladung der Schinkencroissant am Bestimmungsort in der Schweiz am 23.4.2015 bemerkte der Empfänger einen der Ware anhaftenden intensiven Gasgeruch. Dieser Geruch haftete der Ware auch nach deren Auspacken und Auftauen weiter an. Die Klägerin schickte der Beklagten eine Haftbarhaltung. Der eingeschaltete Havariekommissar bewertete die Ware am 24.4.2015 als nicht mehr verkehrsfähig.

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Haftung nach der CMR in Anspruch, da Übernahmeort und Ablieferungsort in zwei verschiedenen CMR Staaten lagen, und zwar auf Schadenersatz für die untergegangene Ware, die Zollkosten und die Entsorgung der nicht mehr verkehrsfähigen Ware.

Unzureichende Verpackung?

Die Parteien stritten sodann über die Frage, ob die Schinkencroissants unzureichend verpackt waren, so dass sich die Beklagte nach Art. 17 Abs. 2 und 4 CMR von der Haftung freizeichnen könnte, oder der Klägerin jedenfalls ein Mitverschulden vorzuwerfen sei. Die Croissants waren nämlich nicht jeweils einzeln oder in den verwendeten Fünfergebinden mit einer PE-Folie umverpackt, sondern lediglich in einer Pappverpackung. Erst die Kartons, in denen die Einzelgebinde verstaut waren, war dann mit einer Stretchfolie überzogen. Ein vom Gericht beigezogener Sachverständiger stellte jedoch fest, dass diese Art der Verpackung beanspruchungsgerecht gewesen sei und bei einem üblichen Transport Schäden von den transportierten Lebensmitteln abgehalten hätte. Eine Verpackung muss nicht vor jeglichen Einwirkungen auf die Ware schützen, sondern nur vor den üblicherweise bei einem solchen Transport zu erwartenden Beeinträchtigungen. Sie entsprach nach der Bewertung des Sachverständigen, denen sich der Senat angeschlossen hat, auch den Anforderungen des § 4 der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel (TLMV). Nach dieser Vorschrift dürfen tiefgefrorene Lebensmittel, die zur Abgabe an Verbraucher bestimmt sind, nur in Verpackungen in den Verkehr gebracht werden, die das Lebensmittel vor Austrocknung sowie vor Befall durch Mikroorganismen und anderen nachteiligen Beeinflussungen von außen schützen.

Qualifiziertes Verschulden?

Damit stand für das OLG Hamm fest, dass die Beklagte dem Grunde nach haftet und zwar wegen Art. 3 CMR auch für die Beschädigung während der Obhut der Streithelferin. Für die Frage, ob die Haftung der Beklagten gemäß Art. 23.3 CMR auf 8,33 Sonderziehungsrechte (SZR) je kg Rohgewicht der Ware beschränkt war und sie außerdem die Kosten der Entsorgung als mittelbaren Schaden zurückweisen konnte, also nach Art. 23.2 CMR nur auf den Ersatz des Warenwertes haftet, kam es daher darauf an, ob der Streithelferin qualifiziertes Verschulden vorzuwerfen war und solches auch der Beklagten selbst entgegen gehalten werden konnte.

Das OLG Hamm hat beide Fragen bejaht.

Nach Art. 29.1 CMR haftet mit qualifiziertem Verschulden ein Frachtführer, der den Schaden vorsätzlich oder durch ein ihm zur Last fallendes Verschulden verursacht hat, das nach dem Recht des angerufenen Gerichts dem Vorsatz gleichsteht. Damit verweist diese Vorschrift, weil ein deutsches Gericht zu entscheiden hatte, auf § 435 HGB. Dort ist geregelt, dass als qualifiziertes Verschulden auch leichtfertiges Tun oder Unterlassen zu gelten hat, wenn mit dem Bewusstsein verbunden, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Nach den gerichtlichen Feststelllungen hatte der Zeuge H vor der Zuladung der Chemikalie deren extrem intensiven Geruch wahrgenommen, den Disponenten der D AG aber nicht darauf hingewiesen, dass der Transport des THT als Beiladung zu Lebensmitteln durchgeführt werden sollte. Das Gericht war daher der Auffassung, dass der Zeuge H und mithin die Streithelferin sich nicht auf die Beschwichtigungen des Disponenten der D AG hätte verlassen dürfen, sondern sachverständige Weisungen einholen und/oder zumindest hätte nachfragen müssen, ob das THT geeignet wäre, die andere zu transportierende Ware, also Lebensmittel, zu beeinträchtigen. Nach Ansicht des Sachverständigen, dem sich das Gericht angeschlossen hat, verbiete es schon der gesunde Menschenverstand, eine so stark riechende Chemikalie zusammen mit Lebensmitteln in einem geschlossenen (Tiefkühl-) LKW zu transportieren. Mithin liegt eine Pflichtverletzung vor, bei der sich die Streithelferin in besonders krasser Weise über die Interessen des Versenders hinweggesetzt hat, so dass sich auch aufdrängt, dass dem Zeugen H die Gefahr der Beschädigung der Lebensmittel bewusst war.

Da nach Art. 29.2 CMR die gleichen Rechtsfolgen gelten, wenn diejenigen qualifiziert verschuldet handeln, deren sich der Frachtführer bei der Ausführung der Beförderung bedient, wie wenn der Frachtführer selbst qualifiziert verschuldet handelt, war der Beklagten die Berufung auf Haftungsbegrenzungen nach Art. 17 ff. CMR verwehrt. Sie haftet der Klägerin nach Art. 23.2 CMR auf den gesamten Warenwert, ohne sich auf eine Begrenzung der Haftung auf 8,33 SZR je kg Rohgewicht der Ware berufen zu können. Sie haftet weiter für die Zollkosten nach Art. 23.4 CMR und schließlich nach § 249 BGB auch für den mittelbaren Schaden in Gestalt der Entsorgungskosten. Denn insoweit lebt der Schadensbegriff des für das angerufene Gericht anwendbaren nationalen Rechts auf, wie regelmäßig, wenn die CMR keine – anwendbaren – besonderen Haftungsregelungen vorsieht.

Fazit und Praxishinweis

Die Eigenheiten des Falles, hier insbesondere die Zeugenaussage des Zeugen H, haben der Klägerin vorliegend die Beweisführung für qualifiziertes Verschulden sicher erleichtert. Für andere Fälle, empfiehlt es sich sicherzustellen, dass AGB’s, die ein Zuladeverbot umfassen, auch wirksam in den Verkehrsvertrag einbezogen werden. Dann stellt sich auf dem Weg zur Begründung eines qualifizierten Verschuldens und mithin des Wegfalls von Haftungsbegrenzungen allenfalls noch die Frage, ob solche AGB eine Konkretisierung der Primärpflichten des Frachtführers sind, oder eine Haftungsregelung (siehe dazu und den möglichen Rechtsfolgen die Ausführungen in unserem newsletter von Juli 2022 zu Sicherheitsanweisungen).

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